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Mit Verlust leben

 

" Der Verlust ist weitaus schlimmer, als die Sorgen und die Gedanken über die bevorstehende Situation...Denn Schwierigkeiten kann man innerhalb kurzer Zeit beseitigen, mit dem Verlust muss man aber das ganze Leben lang leben. 

Es ist nicht die Frage der Schuld...oder wer diese trägt...sondern die Frage danach, wie man das Leben nun weiter lebt."

 

Diese Zeilen stammen von mir, als auch ich eine der Frauen wurde, die die schmerzliche Erfahrung einer Fehlgeburt machen musste.

Lange Zeit glaubt man, dass es einen persönlich schon nicht treffen wird. Solche Gedanken schiebt man schnell weg und möchte davon am liebsten nichts hören.

Die Statistiken darüber, dass es etwa 15% der bis 34Jährigen, etwa 25% der 35-39 Jährigen und 50% der 40-44Jährigen widerfährt, möchte man nicht wahrhaben. 

 

Doch wie die Zahlen es bereits andeuten, betrifft es leider ziemlich viele Frauen, die genau diese Erfahrungen machen. Und plötzlich bleibt die Welt still und alles um einen herum scheint so unglaublich belanglos. Erst da wird einem bewusst, was im Leben wirklich zählt. Wie soll das Leben nun einfach so weiter gehen???

Damals bin ich über einen Artikel gestolpert, indem es hieß, dass man ca. 3 Monate braucht, um ein solches traumatisches Erlebnis auch nur ansatzweise zu verdauen. Dass man in diesen Monaten irrationale Entscheidungen trifft, die Menschen um einen herum diese Person kaum wieder erkennen und man sich selbst am aller wenigsten. Es ist immer noch eine Art Tabuthema...so, als hätte die Frau etwas falsch gemacht, als hätte ihr Körper versagt, als wär es ein Makel, wenn so ein Vermerk im Mutterpass steht. 

Mit diesen sehr persönlichen Erfahrungen möchte ich das Thema enttabuisieren. Ich wünsche mir, dass die betroffenen Frauen sich trauen darüber zu sprechen, wenn ihnen danach ist. Oft ist dieser Austausch Gold wert und die beste Therapie überhaupt. 

In so einem Moment kann der Gedanke aufkommen, dass ihr mit diesem Thema so verdammt einsam seid, aber das seid ihr nicht. Es sind so unglaublich viele Frauen da draußen, denen es genauso geht.  

 

Und als hätten die Frauen in solch einer Situation nicht schon genug mit sich und ihrem Innenleben zu tun, bekommen sie noch obendrein ziemlich viele unpassenden Sprüche zu hören: 

" Ach, du hast doch schon ein ( oder 2,3 ..) gesundes Kind, sei doch froh". 

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen. Als wüsste es die Frau selbst nicht, dass sie bereits 1,2,3 gesunde Kinder hat. Als dürfte sie nicht um DIESES Kind trauern?

 

Und auch der Spruch: " Sie sind noch sooo jung, Sie werden bestimmt noch viele Kinder bekommen", bringt eine Frau in diesem Moment nicht weiter. Was sollen diese Zukunftsgedanken, wenn sie gerade diesem kleinen Menschen, dieser Schwangerschaft und allen damit verbundenen Hoffnungen hinterher trauert? 

 

Und natürlich kann es gut möglich sein, dass diese Frau in ihrem späteren Leben noch weitere Kinder bekommen wird, aber dieses Erlebnis wird sie für immer in ihrem Herzen tragen. Es wird zu ihr gehören...und zwar für immer. Und ja, vielleicht wird es mit der Zeit beim Gedanken daran nicht mehr so stark weh tun...trotzdem dürfen die Außenstehenden den Frauen, die sowas erlebt haben, nicht vorschreiben, was sie zu fühlen oder wie sich sich zu verhalten haben. 

 

In meiner Arbeit erlebe ich diese Verluste hautnah mit...und auch wenn ich selbst ganz genau weiß, wie es sich anfühlt, möchte ich in solchen Momenten keine zu schnell dahingesagte Floskel abgeben. Ich finde, oft sind keine vielen Worte nötig...einfach mal die Hand dieser Frau halten und ihr voller Mitgefühl und Verständnis in die Augen schauen. Denn oft ist so ein Schweigen so viel mehr wert, als tausende nichtssagende Worte. 

 

In tiefer Dankbarkeit für all die Wunder dieser Welt. 

Eure Marina 

 

 

 

 

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